WIR02 Hilfe bei Komplex

Zwei Juristen, drei Meinungen ;-)
...kein Anspruch auf Gegenleistung
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Sabrina88
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Registriert: 19.05.14 14:55

Hallo zusammen,

ich erstelle mir gerade eine Übersicht der Komplexaufgaben für WIR02 (wenn sie gut wird, stelle ich sie hier auch online) und könnte Hilfe bei folgenden Fällen gebrauchen. Wie würdet ihr diese lösen?

Fall 1.:
Vermieter schließt mit einem Mieter einen Vertrag für eine Wohnung von zwei Jahren, mündlich! Nach kurzer Zeit will V. eine neue Gasheizung einbauen, die Miete würde sich um 125,- € p.M. erhöhen. Muss M. zustimmen? Nach zwei Jahren macht M keine Anstalten aus der Wohnung auszuziehen, kann V gegen M. vorgehen?

Fall 2.:
Ein Student verleiht sein Buch (Wert 65 €) an Freund und will es bis zum 1.6. zurückhaben. Freund gibt’s nicht zurück und am 2.6. gibt Student eine neue Frist bis zum 9.6., da er das Buch für Klausur am 15.6. braucht. Freund gibt es nicht zurück, sondern fährt 3 Wochen damit in den Urlaub. Student kauft sich ein neues Buch für 95 € und will jetzt die 95 Euro von dem Freund als Schadensersatz fordern. Zu Recht?

Fall 3.:
A kauft von B ein Wohnmobil. Wohnmobil steht draußen und es regnet rein. A fährt zu einem Sachverständigen und der sagt das Fenster sei undicht. Dieser sagt, dass der Fehler schon bei Gefahrübergang da war. A fährt zu B und lässt das Problem beheben. B schmiert Silikon ums Fenster. A fährt wieder zum Sachverständigen dieser mein das ganze Fenster müsste gewechselt werden.
A ist sauer und möchte vom Kaufvertrag zurücktreten
B sagt das er 2 x nachbessern darf, zu Recht?

Vielen Dank im Voraus für eure Hilfe :)
TheMo
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Registriert: 09.11.11 21:07

Hallo Sabrina,

also Frage 2 und Frage 3 kamen am 24.05.2014 in der Klausur dran, deswegen probiere ich dazu mal eine Antwort zu finden.

Fall 2:
Ergebnis war bei mir, dass er den Schadensersatz fordern kann. Es wurde eine Leihe beschlossen, welche zum festen Termin (per Kalender bestimmbar) endet. Da das Buch zum Rückgabezeitpunkt nicht zurückgegeben wurde und der Entleiher damit verreist, ist eine Rückgabe nicht möglich. Da die Rückgabe eigentlich per Kalender bestimmt war, muss der Verleiher dem Entleiher nach meiner Einschätzung auch keine Nachfrist setzen, sodass er Anspruch auf Schadensersatz hat. In der Klausur habe ich das natürlich noch ausformuliert.

Fall 3:
Hier hat der Autoverkäufer recht. Nach § 433 BGB besteht zunächst ein gülteriger Kaufvertrag zwischen den beiden Vertragsparteien, so stellt es der Sachverhalt dar. Zweite Subsumtionsfrage wäre, ob der Kaufgegenstand mangelhaft ist. Das scheint der Fall zu sein. Ein Wohnmobil soll nicht nur eine Fortbewegung ermöglichen sondern auch ein Wohnen im Fahrzeug ermöglichen. Wenn Wasser in den Wohnraum eintritt ist dies nicht üblich und kann damit z.B. zu Gesundheitsschäden führen (Schimmel etc.). Ein Sachmangel liegt anscheinend vor. Ein Haftungsausschluss liegt anscheinend nicht vor, Sonderregelungen zum Gefahrenübergang wurden nicht getroffen, Kentnisse des Käufers lagen anscheinend auch nicht vor, sodass die Tatbestandsvoraussetzungen damit erfüllt sind.

Das hat zur Folge, dass der Käufer seine Rechte nach § xxx BGB geltend machen kann. Er hat damit das Recht auf zwei (2) zweite Andienungen bzw. das Recht auf Nacherfüllung nach § xxx. Dabei hat er grds. die Wahl zwischen Nachbesserung und Ersatzlieferung. Eine Ersatzlieferung kann der Verkäufer nach § xxx Abs. x aber verweigern, wenn dies nicht zumutbar ist und z.B. mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden ist. In dem Fall des Wohnmobils wäre es mit unverhältnismäßig hohen Kosten verbunden, wenn seitens des Käufers ein neues Wohnmobil gefordert wird. Grundsätzlich hat der Käufer das Recht, aber auch die Pflicht, dem Verkäufer zweimalig die zweite Andienung (Nacherfüllung des Kaufvertrages) zu ermöglichen. Im dargestellten Sachverhalt hat der Verkäufer erst die erste Nacherfüllung genutzt, nicht jedoch die zweite. Dies bedeutet, dass der Käufer dem Verkäufer noch eine zweite Möglichkeit der Nacherfüllung einräumen muss - erst wenn diese nicht erfolgreich war, dann kann er vom Kaufvertrag zurücktreten.

Anmerkung: Ich meine der Fall 3 war bei uns in der Klausur etwas anders gelagert, nämlich so, dass der Gutachter vor der ersten Nacherfüllung gesagt hat, dass die Scheibe komplett gewechselt werden müsse, dann aber Silikon seitens des Verkäufers verspritzt wurde.

Ich habe den Gutachter in meiner Fallbearbeitung etwas ausgegrenzt, da ich mir nicht sicher war, ob ein Mangel gemäß Gutachter behoben werden muss, oder ob ein Mangel so behoben werden muss, dass dieser einfach nicht mehr besteht. Ich denke das ist juristisch auch etwas zu tiefgehend. Ich glaube die AKAD wollte hier einfach einmal sehen, dass man die einzelnen Stufen der kaufvertraglichen Rechte und Pflichten erkennt.

PS: Ich habe mein BGB seit der Klausur nicht mehr gesehen, deswegen musste ich eine Paragraphen per "x" ersetzen.

Viel Erfolg!
Sabrina88
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Registriert: 19.05.14 14:55

Vielen, vielen Dank für deine umfangreiche Antwort. Ich werde sie morgen mal mit meinen Ergebnissen vergleichen.

Das Fach bringt mich echt um :-(
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